Offener Brief an Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Hüttl
Leitung Wissenschaftlicher Vorstand
Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Sehr geehrter Professor Hüttl!
Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit dem
Themenkomplex Klima. In diesem Zusammenhang bin ich auf ein Interview mit Ihnen
sowie Karin Lochte und Volker Mosbrugger auf „faz.net“ gestoßen mit der
Überschrift: „Ein Limit von zwei Grad Erwärmung ist praktisch Unsinn“.
Darin erklären sie unter anderem: „Wir werden
irgendwann tollen Rieslinganbau in Dänemark haben …“. „Wärmephasen waren nicht
immer katastrophal. Sie haben auch zur Artenvielfalt beigetragen.“ „Wir sind
außergewöhnlich anpassungsfähig.“ Die Zwei-Grad-Grenze sei aus
geowissenschaftlicher Sicht „nicht haltbar“.
Meine Frage an Sie, Herr Professor Hüttl: Über welche
Informationen verfügen Sie, die sicherstellen, dass ein Überschreiten der
Zwei-Grad-Grenze mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Kaskade von
Folgeereignissen auslöst, deren wichtigste neben anderen sind: die Verminderung
des Gesamtrückstrahlvermögens der Erdoberfläche, das sich beschleunigende Auftauen
des Permafrostbodens und also Freisetzung zunehmender Mengen Methans, das sich beschleunigende Ausgasen der
Methanhydrate in den Schelfregionen der Weltmeere, eine Kaskade von
Folgewirkungen, die vergleichbar der Wirkung eines brennenden Streichholzes im
ausgetrockneten Wald.
Die Erde hat auch ohne menschliches Zutun klimatische
Extremereignisse hervorgebracht, die viele
Millionen Tier- und Pflanzenarten ausgerottet haben. Die Erde ist nicht nur der
Menschheit umsorgende „Mutter“, Medea ist allgegenwärtig, die „Gräuelbefleckte“
nach Euripides und wir spielen ihr in die Hand, wir verwirklichen das Tragödienspiel?
In dem Artikel auf „FAZ-net“ ist an keiner Stelle die
Sprache davon, dass mit hoher Sicherheit jenseits der 2-Grad weltweiter
durchschnittlicher Temperaturerhöhung ein Ausgasen des Permafrostbodens und ein
Ausgasen der Methanhydrate ausgeschlossen werden kann, sondern es ist die Rede von
Weinanbau in den Breiten Dänemarks, was dionysische Freuden assoziiert statt des
aus meiner Sicht angebrachten Erzitterns!
450 ppm CO2e in der Atmosphäre wird seitens unter
anderem der EU als Grenzmarke vorgegeben, die langfristig nicht überschritten
werden darf, damit die Durchschnittstemperatur nicht stärker als 2 ° C steigt,
real aber haben wir für 2015 schon 485 ppm CO2e Treibhausgase in der Atmosphäre!
Ist das doch nicht von bedeutender Relevanz, ist es
übertrieben, das Streichholz zu fürchten, da der Wald sich gar nicht entzünden
lässt, denn er ist gesättigt mit Feuchtigkeit?
Ihr Beitrag auf der „FAZ-online“ nimmt sicher vielen
Lesern des Artikels die Angst, denn Klimakonstanz habe es nie gegeben und kann
es nicht geben und in den Worten ihrer Kollegin Karin Lochte: „Klimawandel ist
ja per se nicht schlecht.“
In einem Audio-Beitrag über ihre Arbeit am
Geoforschungszentrum Potsdam führen Sie aus, eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes
sei zwar wünschenswert, aber sie „passiere einfach nicht“ und wiederholen das noch
einmal, deswegen müsse man sich „anpassen“ oder anzupassen versuchen!
In dem Zusammenhang verweisen sie auch auf die
Warmzeit vor unserer jetzigen Warmzeit, die Eem-Warmzeit, 126 000 bis 115 000!
Es war wärmer, der Meeresspiegel höher, er reichte in den Niederlanden bis
Amersfoort an den dortigen Fluss Eem.
Wie sieht eine zukünftige Anpassung an eine derartige
Entwicklung aus? Amsterdam räumen! Bangladesch, das Nildelta, alle weiteren
großen Flussdeltas und Millionenstädte in Meeresnähe, Richtung Berge ziehen,
ansonsten aber geht das Leben seinen gewohnten Gang?
„Neuere Arbeiten deuten darauf hin, dass es global
lediglich um wenige zehntel Grad wärmer war als heute.“ – zu Zeiten der
Eem-Warmzeit! Der Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre betrug damals etwa 280
ppm CO2, der Anteil an Treibhausgasen war wesentlich
geringer als heute. Die Auslöser der Eem-Warmzeit waren Milanković -Faktoren,
die zu wärmeren Sommern auf der Nordhalbkugel führten mit entsprechenden Folgen
für die Eisbedeckung der Nordhalbkugel.
Heute haben wir einen wesentlich verstärkten
Strahlungsantrieb aufgrund höherer Treibhausgaskonzentrationen: Uns wird
deutlich stärker eingeheizt, weltweit, als zu Zeiten der Eem-Warmzeit und
dieses verstärkte Einheizen nimmt weiter zu, 2050 sind 2 ° Celsius durchaus
möglich und was dann geschieht, können wir eher vermuten als wissen, aber es
wird fürchterlich sein, behaupte ich!
Daher wiederhole ich meine Frage an Sie, geehrter
Professor Hüttl: Was lässt Sie glauben, dass die Methanhydrate nicht massiv
ausgasen werden, die Permafrostböden Sibiriens, Kanadas und Alaskas nicht ausgasen
werden, was lässt sie glauben, dass die dann folgende Kaskade an Beschleunigungen
nicht wie ein gigantischer Weltenbrand über die zukünftige Menschheit
hinwegfegen wird, weil wir mangels Verantwortung und aus Gleichgültigkeit,
mangels Selbstbeherrschung und aus Gier die Katastrophe zündeten. Unser Maß des
Treibhausgasausstoßes, den wir zurückzudrängen vorgeben, aber faktisch es nicht
tun, ist dazu sicher in der Lage.
Über welche Informationen und über welche Sicherheit verfügen Sie, dass es nicht zum
Weltenbrand kommen wird?
Eine Antwort Ihrerseits werde ich in jedem Falle
unmittelbar auf meinem Blog veröffentlichen!
Wenn Sie über derartige Informationen nicht verfügen,
möchte ich Sie bitten, nicht mehr von Klimawandel zu sprechen, sondern von
Klimakatastrophe!
Ich persönlich nenne das, was geschieht, das größte
Verbrechen der Menschheitsgeschichte, ich
nenne es den
Klimaholocaust!