Samstag, 19. November 2016

Offener Brief an Professor Hüttl



Offener Brief an Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Hüttl
Leitung Wissenschaftlicher Vorstand

Helmholtz-Zentrum Potsdam
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ



Sehr geehrter Professor Hüttl!

Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit dem Themenkomplex Klima. In diesem Zusammenhang bin ich auf ein Interview mit Ihnen sowie Karin Lochte und Volker Mosbrugger auf „faz.net“ gestoßen mit der Überschrift: „Ein Limit von zwei Grad Erwärmung ist praktisch Unsinn“.

Darin erklären sie unter anderem: „Wir werden irgendwann tollen Rieslinganbau in Dänemark haben …“. „Wärmephasen waren nicht immer katastrophal. Sie haben auch zur Artenvielfalt beigetragen.“ „Wir sind außergewöhnlich anpassungsfähig.“ Die Zwei-Grad-Grenze sei aus geowissenschaftlicher Sicht „nicht haltbar“.

Meine Frage an Sie, Herr Professor Hüttl: Über welche Informationen verfügen Sie, die sicherstellen, dass ein Überschreiten der Zwei-Grad-Grenze mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Kaskade von Folgeereignissen auslöst, deren wichtigste neben anderen sind: die Verminderung des Gesamtrückstrahlvermögens der Erdoberfläche, das sich beschleunigende Auftauen des Permafrostbodens und also Freisetzung zunehmender Mengen Methans, das  sich beschleunigende Ausgasen der Methanhydrate in den Schelfregionen der Weltmeere, eine Kaskade von Folgewirkungen, die vergleichbar der Wirkung eines brennenden Streichholzes im ausgetrockneten Wald.

Die Erde hat auch ohne menschliches Zutun klimatische Extremereignisse hervorgebracht, die  viele Millionen Tier- und Pflanzenarten ausgerottet haben. Die Erde ist nicht nur der Menschheit umsorgende „Mutter“, Medea ist allgegenwärtig, die „Gräuelbefleckte“ nach Euripides und wir spielen ihr in die Hand, wir verwirklichen das Tragödienspiel?

In dem Artikel auf „FAZ-net“ ist an keiner Stelle die Sprache davon, dass mit hoher Sicherheit jenseits der 2-Grad weltweiter durchschnittlicher Temperaturerhöhung ein Ausgasen des Permafrostbodens und ein Ausgasen der Methanhydrate ausgeschlossen werden kann, sondern es ist die Rede von Weinanbau in den Breiten Dänemarks, was dionysische Freuden assoziiert statt des aus meiner Sicht angebrachten Erzitterns!

450 ppm CO2e in der Atmosphäre wird seitens unter anderem der EU als Grenzmarke vorgegeben, die langfristig nicht überschritten werden darf, damit die Durchschnittstemperatur nicht stärker als 2 ° C steigt, real aber haben wir für 2015 schon 485 ppm CO2e Treibhausgase in der Atmosphäre!

Ist das doch nicht von bedeutender Relevanz, ist es übertrieben, das Streichholz zu fürchten, da der Wald sich gar nicht entzünden lässt, denn er ist gesättigt mit Feuchtigkeit?

Ihr Beitrag auf der „FAZ-online“ nimmt sicher vielen Lesern des Artikels die Angst, denn Klimakonstanz habe es nie gegeben und kann es nicht geben und in den Worten ihrer Kollegin Karin Lochte: „Klimawandel ist ja per se nicht schlecht.“

In einem Audio-Beitrag über ihre Arbeit am Geoforschungszentrum Potsdam führen Sie aus, eine Reduktion des Kohlendioxidausstoßes sei zwar wünschenswert, aber sie „passiere einfach nicht“ und wiederholen das noch einmal, deswegen müsse man sich „anpassen“ oder anzupassen versuchen!

In dem Zusammenhang verweisen sie auch auf die Warmzeit vor unserer jetzigen Warmzeit, die Eem-Warmzeit, 126 000 bis 115 000! Es war wärmer, der Meeresspiegel höher, er reichte in den Niederlanden bis Amersfoort an den dortigen Fluss Eem.

Wie sieht eine zukünftige Anpassung an eine derartige Entwicklung aus? Amsterdam räumen! Bangladesch, das Nildelta, alle weiteren großen Flussdeltas und Millionenstädte in Meeresnähe, Richtung Berge ziehen, ansonsten aber geht das Leben seinen gewohnten Gang?

„Neuere Arbeiten deuten darauf hin, dass es global lediglich um wenige zehntel Grad wärmer war als heute.“ – zu Zeiten der Eem-Warmzeit! Der Kohlendioxid-Gehalt in der Atmosphäre betrug damals etwa 280 ppm CO2, der Anteil an Treibhausgasen war wesentlich geringer als heute. Die Auslöser der Eem-Warmzeit waren Milanković -Faktoren, die zu wärmeren Sommern auf der Nordhalbkugel führten mit entsprechenden Folgen für die Eisbedeckung der Nordhalbkugel.

Heute haben wir einen wesentlich verstärkten Strahlungsantrieb aufgrund höherer Treibhausgaskonzentrationen: Uns wird deutlich stärker eingeheizt, weltweit, als zu Zeiten der Eem-Warmzeit und dieses verstärkte Einheizen nimmt weiter zu, 2050 sind 2 ° Celsius durchaus möglich und was dann geschieht, können wir eher vermuten als wissen, aber es wird fürchterlich sein, behaupte ich!

Daher wiederhole ich meine Frage an Sie, geehrter Professor Hüttl: Was lässt Sie glauben, dass die Methanhydrate nicht massiv ausgasen werden, die Permafrostböden Sibiriens, Kanadas und Alaskas nicht ausgasen werden, was lässt sie glauben, dass die dann folgende Kaskade an Beschleunigungen nicht wie ein gigantischer Weltenbrand über die zukünftige Menschheit hinwegfegen wird, weil wir mangels Verantwortung und aus Gleichgültigkeit, mangels Selbstbeherrschung und aus Gier die Katastrophe zündeten. Unser Maß des Treibhausgasausstoßes, den wir zurückzudrängen vorgeben, aber faktisch es nicht tun, ist dazu sicher in der Lage.

Über welche Informationen und über welche Sicherheit verfügen Sie, dass es nicht zum Weltenbrand kommen wird?

Eine Antwort Ihrerseits werde ich in jedem Falle unmittelbar auf meinem Blog veröffentlichen!

Wenn Sie über derartige Informationen nicht verfügen, möchte ich Sie bitten, nicht mehr von Klimawandel zu sprechen, sondern von

 Klimakatastrophe!

Ich persönlich nenne das, was geschieht, das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte,  ich nenne es den

Klimaholocaust!