Donnerstag, 8. Oktober 2015

Snoopy

Quelle: „Snow Dog“ von Kelly Woolen - Flickr: Snow Dog. Lizenziert unter CC BY 2.0 über Wikimedia Commons - https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Snow_Dog.jpg#/media/File:Snow_Dog.jpg


Snoopy war ein "Snow Dog" und wenn jemand zu Jakob sagte: "Du hast einen schönen Spitz!", dann antworte Jakob stolz: "Snoopy ist kein Spitz, Snoopy ist ein Snow Dog!"

Jakob liebte Snoopy und einmal, als der Priester in der Beichte ihn fragte, welche Sünden er begangen, antwortete er, er glaube, Snoopy mehr zu lieben als seine Eltern, wisse aber, dass das Sünde sei und es täte ihm leid!

Snoopy hatte ein weißes Fell, schwarze Augen und Nase, aufgerichtete Ohren und einen edlen, leicht trippelnden Gang, er war freundlich, manchmal frech und liebte Jakob so wie Jakob ihn.

Vor drei Wochen aber war Snoopy schwer erkrankt: In seinem Harn fand sich Blut, ständig litt er an Durst und bewegte sich kaum noch, so dass Jakobs Vater an einem warmen Freitagabend, die Sonne schien durch die Blätterdächer im Westen glitzernd und perlend, sagte:

"Mutter, das wird nichts mehr. Wir müssen bei Fassmann anrufen."

Fassmann, das wusste Jakob von einem Mitschüler, tötete Tiere für Geld und Entsetzen erfüllte sein Herz, stärker als hätte man ihn hart geschlagen.

"Ich nehme Snoopy, er soll bei mir schlafen, dann wird er wieder gesund" bat Jakob.

"Snoopy ist krank und wir geben ihn zur Behandlung, dann kommt er in zwei Wochen zurück und ist wieder ganz gesund." sagte Jakobs Mutter und ließ auf die ihr eigene Weise keinen Widerspruch zu: Es war Zeit zu Abend zu essen!

Am Sonnabend des folgenden Tages mussten alle Kinder im Hause bleiben und sich an einem Würfelspiel beteiligen. Während seine Geschwister sich freuten, wenn sie eine ihrer Figuren in ihr "Haus" gebracht hatten und sich ärgerten, wenn eine ihrer Figuren geschlagen wurde, fühlte Jakob, dass großes Unheil geschähe!

Es klingelte, Vater stand auf, verließ den Raum und Mutter folgte ihm.

Da sagte Jakob: "Ich habe keine Lust mehr" und nahm seine Figuren vom Spielbrett. Er ging schnell in das Wohnzimmer und beobachtete im Sichtschutz der Gardine wie Vater und Mutter mit zwei jungen kräftigen Männern sprachen. Der eine nahm einen Geldschein von Vater an, dann lachten sie, nickten, gingen weg und kamen mit Snoopy an der Leine zurück, der ihnen kraftlos folgte. Die beiden Männer kamen auf das Fenster zu, hinter dem Jakob stand, der eine Mann hatte einen Spaten und ein rundes, schweres Holz auf der Schulter, der andere eine Axt.

Als sie auf der Höhe des Fensters waren, riss Jakob die Gardine zurück und schrie: "Snoopy, Snoopy!". Er schrie immer wieder den Namen des Hundes und schlug gegen das Glas.

Da packten ihn wütend die starken Hände von Vater und herrschte Mutter ihn an: "Jakob, lass das! - Bring ihn ins andere Zimmer!"

Jakob wartete, er wartete, dass er das Schreckliche mit eigenen Augen würde sehen, darum musste er still sein und ruhig.

"Jakob, geht es Dir jetzt besser!" fragte Mutter nach einer Weile. "Wir haben Snoppy doch nur weggeben, damit er bald wieder gesund und dann zu uns zurückkommt."

"Ja!" antwortete Jakob, "bald ist er gesund".

"So Gott will!" fügte Mutter hinzu.

"Ja!" antwortete Jakob!

"Kinder", rief Mutter, "es ist Zeit für die Musikparade!" und mit freudigem Jubel liefen die Geschwister, Vater und Mutter ins Wohnzimmer, um sich vor dem Fernseher zu versammeln.  

Darauf hatte Jakob gewartet. Er blieb noch zehn Minuten allein im Esszimmer zurück, dann schlich er hinaus, ging auf den Hof, folgte der Straße, so wie die Männer wahrscheinlich gegangen, ging über die Zufahrt zur Wiese gegenüber dem Haus, vorbei an der Birke, die er so gerne mochte und folgte jetzt langsam den Bäumen, die die Begrenzung der Wiese bildeten. Aufmerksam suchte er im kurzen Gras nach Spuren, ging vor und zurück und fand sie: Dunkle, rote Tropfen an Halmen des Grases! Er hatte es gewusst, er hatte es gewusst, sein Herz klopfte! Rasch lief er zum Schuppen im Garten, nahm sich einen der Spaten und lief zur Wiese zurück. Er fand die Stelle, an der erst vor kurzem gegraben worden war und stieß den Spaten hinein. Nach wenigen Spatenwürfen sah er das Fell, grub, zitternd, legte ihn frei, zog ihn heraus, die Augen offen, die Nase mit Blut verklebt.

Der Abend war warm wie gestern und die Sonne glitzerte milde. 

Jakob beugte sich über den Hund und nahm seinen Kopf in die Hände. Das Bild vor seinen Augen verschwamm, er öffnete den Mund und in schweren, starken Wellen erbrach er sein Schluchzen unter einem Strom heißer Tränentropfen.