herausgegeben von der Deutschen Bischofskonferenz, 1985, zusammengefasst von Gerhard Stenkamp
Heute: Der Mensch - ein Geheimnis
Unser Leben fließt dahin, Tag für
Tag, Woche für Woche. Normalerweise hat alles seinen Platz und seine Ordnung.
Bis eines Tages die Frage aufbricht: Wozu eigentlich das Ganze? Adam, wo bist
Du?
Woran können wir uns orientieren? Wo
finden wir Halt, wo einen endgültigen Sinn für unser Leben?
Glück aber kann sehr schnell wieder
verfliegen. Herbe Enttäuschungen können sich einstellen. Was dann? Welchen Sinn
hat dann das Leben? Was ist überhaupt echtes und wertvolles menschliches Glück?
Noch intensiver stellt sich die
Frage nach dem Sinn des Daseins in der Erfahrung von Leid, sei es eigenes oder
fremdes Leid! Welchen Sinn hat es, dass so viele Menschen leiden? Warum so viel
Hunger, Elend, Ungerechtigkeit? Warum so viel Hass, Neid, Lüge? Warum so viel
Gewalt?
Schließlich die Erfahrung des Todes!
Was ist nach dem Tod? Woher kam ich und wohin gehe ich? Was bleibt von mir, was
bleibt vom dem, wofür ich gelebt habe?
Unsere Antworten auf diese Fragen
bleiben immer Stückwerk. Der Mensch bleibt sich letztlich eine Frage und ein
tiefes Geheimnis. Das ist seine Größe und sein Elend.
Seine Größe, weil die Frage nach
sich selbst den Menschen von den Tieren unterscheidet, die durch ihre Instinkte
in ihre Umwelt eingepasst sind.
Es macht die Würde des Menschen aus,
dass er sich seiner selbst bewusst ist, dass er frei ist, seinem Leben selbst
eine Richtung zu geben.
Diese Größe des Menschen ist aber
zugleich seine Last. Dem Menschen ist das Leben nicht nur gegeben, sondern auch
aufgegeben: Er muss es selbst gestalten, selbst in die Hand nehmen.
Dem Sein des Menschen ist aber der
Sinn seines Seins nicht unmittelbar mitgegeben. Das Menschsein ist daher ein
Gang ins Offene, ins Unabsehbare.
Wir können die Frage nach dem Sinn
daher verdrängen, vor ihr versuchen davonzulaufen, sie als unbeantwortbar
abtun, durch Flucht in die Arbeit, durch Flucht in den Konsum, durch Flucht in
die Sexualität, durch Flucht in den Alkohol, durch Flucht zu sonstigen Drogen.
Doch damit betrügen wir uns selbst! Mit solchen
Fluchtversuchen laufen wir davon: vor uns selbst!
Es stellt sich unausweichlich die Frage:
Was ist der Mensch? Wer bin ich? Woher kommen wir? Wohin gehen wir?
Es ist die alte Katechismusfrage, alt
und doch immer wieder neu: Wozu sind wir auf der Erde?