Freitag, 21. September 2012

Arm und Reich!

Wassily Kandinsky: "To the Unknown Voice". Bildquelle, aufgerufen am 21.9.2012.
Um Verteilungskämpfe zu verstehen, muss man die zugrunde liegende Psychologie verstehen!

An der Universität Bonn wurde folgendes Experiment durchgeführt

Testpersonen mussten die Anzahl Punkte auf einem Bildschirm schätzen. Lagen sie richtig, so wurden sie mit einer bestimmten Geldsumme belohnt. Die Freude darüber maß man anhand der Aktivität des Belohnungssystems im Gehirn.

Teilte man den Testpersonen nun mit, dass die anderen Testpersonen nicht richtig gelegen hätten, also kein Geld erhalten hatten, so war die Freude über den eigenen Gewinn deutlich größer als wenn man den Testpersonen nicht mitgeteilt hatte, ob andere Testpersonen gewonnen. Das Verhalten der anderen Testpersonen hatte keinen Einfluss auf die Höhe der eigenen Belohnung. Die größere Freude war also auf reine Schadenfreude zurückzuführen, denn die eigene Belohnung erhielt die Testperson so oder so in derselben Höhe!

Wie kann man das versuchen zu erklären? 

Ein Ansatz ist, dass unbewusst angenommen wird, wenn die andere Person nicht imstande, eine Belohnung zu erringen, die gewinnende Person sich überlegen, überlebensfähiger fühlt und sich darüber freut! 

Des weiteren kann die gewinnende Person unbewusst annehmen, dass, je mehr Personen gewinnen, der einzelne Gewinn umso geringer ausfallen wird, obwohl vorher versichert wurde, dass dem nicht so sei. 

Unbewusst nimmt unser Gehirn eine Knappheit der Ressourcen an, die in den meisten Fällen der Evolutionsgeschichte des Menschen auch bestand.

Das beobachtete Verhalten in dem Bonner Experiment kann man auch mit dem Verhalten von Möwen in Beziehung setzen. 

Streut man Möwen mehr Futter hin, als sie überhaupt verzehren können, so werden sie nicht jede für sich sich satt essen, sondern gibt es trotz des Futterüberschusses ein ununterbrochenes Gezanke um den vermeintlich besten Bissen.

Für die Verteilungsdebatte lassen sich daraus wichtige Schlussfolgerungen ziehen: Wohlhabende fühlen sich vermutlich unbewusst potenziell in ihrer Existenz bedroht, wenn sie von ihrem Einkommen beziehungsweise Vermögen direkte Steuern zahlen müssen, die höher sind als die Steuern, die sie gewöhnt sind. Bei der Steuererhebung sind daher indirekte Steuern, Umsatzsteuer und Verbrauchssteuern zum Beispiel auf Luxusgüter, vorzuziehen.

Wichtig bei der Verteilungsdebatte ist auch, unbewusste Widerstände deutlich zu machen. 

Wenn sehr wohlhabende Mitbürger begreifen, dass sie mit ihrem Gezeter wegen angeblich zu hoher Steuern sich wie Möwen verhalten, könnte das die Kompromissbereitschaft deutlich erhöhen!